QUMEA gewinnt InnoPrix SoBa 2021

QUMEA gewinnt InnoPrix SoBa 2021

Stürze sind die Ursache vieler Unfälle. Mit modernster Technologie, viel Leidenschaft und grossem Unternehmergeist hilft das Solothurner Start-up QUMEA diese zu vermeiden. Erfolgreich: Das Healthtech-Unternehmen wird für sein Schaffen mit dem InnoPrix 2021 ausgezeichnet

Jung und dynamisch? Bestimmt. Gut ausgebildet und zielorientiert? Auch. Aber vor allem ist das Team des Solothurner Start-ups QUMEA innovativ und trifft den Zeitgeist mitten ins Herz: CEO Cyrill Gyger und das 12-köpfige Team entwickeln ein modernstes System der Mobilitätsüberwachung mit Radartechnologie und helfen damit Patientinnen und Patienten, aber auch Pflegekräften, unangenehme Stürze zu verhindern. Zahlen des Bundesamtes für Statistik sprechen eine deutliche Sprache: Gut jede vierte Person zwischen 65 und 79 Jahren stürzt mindestens einmal im Jahr. Und da knüpft das Start-up an: Was innovativ tönt, rettet auch Leben. Das Kernstück des Systems, der hochpräzise 3D Radar, überwacht die Patientenzimmer in dem er die Bewegungsmuster von Patientinnen und Patienten anonym erfasst. Der Sensor liefert somit eine Früherkennung von beabsichtigten Bettausstiegen. Die kritischen Ereignisse werden via App übermittelt und gewährleistet, dass Hilfe beim Patienten ist, bevor dieser möglicherweise fällt. Das Vermeiden von Stürzen ist im Alter eine Frage der Lebensqualität: «Ein Sturz hat oft schwerwiegende Folgen, die bis hin zum Verlust der Selbstständigkeit oder Tod führen können», sagt Cyrill Gyger, Mitgründer des Digital-Health-Care-Start-ups QUMEA. Zudem weist er auf die volkswirtschaftlichen Folgen hin.

Nun springt das Unternehmen mit dem 3D-Radar in die Bresche. Erfolgreich: Die Sturzprävention wird in Spitälern und Heimen bereits nachgefragt, getestet und als grosser Mehrwert befunden. Das QUMEA-System basiert auf modernster dreidimensionaler Radartechnologie, einer Cloud und einer App. Der hochpräzise Sensor wird diskret im Pflegezimmer an der Decke installiert und erfasst mit elektromagnetischen Wellen, die notabene rund hundertmal schwächer seien als Mobilfunk- und WLAN-Strahlen, die genaue Position, Postur, Konstitution und somit feinste Bewegungen der Patientin oder des Patienten. Dies unter Bewahrung der Privatsphäre, wie Cyrill Gyger betont. «100 Millionen Bewegungspunkte werden pro Sekunde verarbeitet», erklärt der CEO.

In der QUMEA-Cloud werden die Bewegungsdaten mittels künstlicher Intelligenz ausgewertet und kritische Ereignisse in Echtzeit erkannt. Die Alarmierung kann per App oder wie in medizinischen Einrichtungen klassisch über den Lichtruf erfolgen. «Wer nun im Spital oder Pflegeheim mit hoher Sturzgefahr unbeaufsichtigt aus dem Bett steigen will, kann mit der neuen Technologie von einer Pflegeperson, die alarmiert wird, rechtzeitig vor dem Sturz gerettet werden. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, sollte kein Zufall sein.»

Nebst der Sturzprävention kann QUMEA auch die Aktivität der Patienten und Bewohnerinnen erfassen und aufzeichnen. Dadurch kann insbesondere das Schlafverhalten analysiert und Therapien validiert werden. Die hochsensible Technologie bietet auch Raum für viele weitere Funktionen. «Bald wird der Sensor ermitteln können, ob der Patient ausreichend mobilisiert wird, und das Risiko eines Dekubitus aufzeigen. Zudem stehen auch Funktionen wie Atemmessungen und Schlafanalyse auf dem Entwicklungsplan», ergänzt Cyrill Gyger.

Vorerst wird die Technologie nur institutionell eingesetzt. Das heisst, in Spitälern und Pflegeheimen. Cyrill Gyger wird wöchentlich darauf angesprochen, wann das System auch privat erschwinglich wird? «Der Preis ist nur ein Faktor. Essenziell ist vielmehr, ob jemand in der Nähe ist, um den Sturz zu verhindern», erklärt der Fachmann das Prinzip der Innovation. Das Frühwarnsystem kann nur funktionieren, wenn Hilfe unmittelbar vor Ort ist. Derzeit ist die Nachfrage bei QUMEA gross und das Team hat alle Hände voll zu tun. «Natürlich sind auch wir von Lieferengpässen betroffen – wir haben zwar die fehlenden Teile bekommen, aber ein x-Faches dafür bezahlt.»

CEO Cyrill Gyger und seine Mitgründer David Meier und Ido Gershoni lernten sich in einem anderen Start-up kennen, haben also einen gemeinsamen Background in Sensorik und Engineering. Als eine geriatrische Klinik in Basel, die ihre Sturzprobleme minimieren wollte, auf sie zukam, suchten die drei Ingenieure nach innovativen Lösungen. Zukunftsweisend: Nach ausgiebigen Konkurrenzanalysen und ersten Tests ihrer Prototypen, gründete das Team 2019 sein eigenes Start-up. «Innerhalb eines Jahres war das Produkt serienreif und aktuell schon auf dem Markt», freut sich Cyrill Gyger. QUMEA konnte ihren technologischen Mehrwert mittlerweile an 12 Institutionen unter Beweis stellen, von Akutspitälern über psychiatrische Institutionen bis zu Pflegeheimen. Durch die frühzeitige und gezielte Alarmierung führt QUMEA zu einer spürbaren Entlastung im hektischen Pflegealltag, gerade auch in den oftmals dünn besetzten Nachtschichten. Das Start-up befindet sich bereits auf Expansionskurs Richtung Ausland: Deutschland, Schweden, Finnland, Kanada und Australien stehen auf dem Plan.

Mit unüberwindbaren finanziellen Hürden, hatte das Start-up nie zu kämpfen. «Die Erstfinanzierung konnten wir selber stemmen.» Und bereits im April hatte QUMEA seine erste Finanzierungsrunde in Höhe von 1,8 Millionen Franken abgeschlossen. Mit dieser Seed-Runde wird das internationale Wachstum vorangetrieben und das Team aufgestockt. Als Cyrill Gyger an der feierlichen Preisverleihung des InnoPrix 2021, der von der Stiftung der Baloise Bank SoBa im Stadttheater Olten verliehen wird, gefragt wurde, was das QUMEA-Team mit dem Preisgeld von 25 000 Franken machen werde, scherzte der Jungunternehmer und sagte: «Gut essen gehen.» In Tat und Wahrheit wird das Geld in ein Forschungsprojekt von Innosuisse investiert, wie Gyger lachend präzisierte. Innovative Zeitgeister brauchen neben genialen Ideen, grossem Unternehmertum auch Gelassenheit und Humor. Übrigens wird QUMEA der Stadt Solothurn treu bleiben und zieht in diesen Tagen in die Bürogebäude des BKW Energy & Technology Campus in Solothurn.

Text: Simone Leitner